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ich kam 1972 in huttwil an den pforten des emmentals zur welt. heute lebe ich nur 20km von meinem geburtsort weg: in der wunderschönen stadt luzern im herzen der schweiz. dazwischen verschlug es mich in unserem land von einem ende zum andern, vom der lichtensteinischen grenze bis nach genf, dem tor zur welt.
während meines studiums an der uni fribourg verlor ich das bisschen schulfranzösisch, welches ich wie alle deutschschweizer ich qualvoll und wider willen erlernen musste. danach hatte ich für 3 jahre meinen einzigen “nomalen” job: ich durfte das erste qualitätsmanagementsystem in einer sozialinstitution der heilsarmee entwickeln.
von bern zog ich nach basel, wo ich während meiner ausbildung zum heilsarmee-offizier meine zukünftige superwomen kennenlernte - was mein leben ziemlich durcheinander schüttelte: bevor ich es bemerkte, verliess ich den kokon meiner kleinen welt als deutsch-schweizer. ich redete plötzlich nicht mehr eine gutturale version von goethe’s sprache, sondern musste mich plötzlich in molière’s zungen ausdrücken (hätte ich nur in fribourg etwas mehr von der lokalen kultur profitiert…!). und auf einen blick war ich nicht nur mit einer frau aus paris verheiratet, sonder auch vater einer 13jährige pubertierende tochter …
während 7 jahre lebte ich in der schweizer welthauptstadt genf. mein sohn forderte mich schon als zehnjähriger mit schrödingers katze heraus, und ich war pastor einer lateinamerikanischen kirchgemeinde in der calvinstadt. auf spanisch, diesmal. meine freunde waren nun kolumbianer, brasilianer, armenier, juden, muslime, auch einige schweizer … in meinem alltag begegnete ich obdachlosen sans-papiers und hochrangigen uno-diplomaten. ich lebte in einer der reichsten städte der welt und versuchte den ärmsten unseres landes etwas hoffnung zu vermitteln.
heute leben wir als familie in der heilen welt der idyllischen stadt luzern im herzen der schweiz, weit weg der grenzen und den menschen mit namen wie rosita, mamadou, wasambla oder petrovich. mein schweizerdeutsch hat sich wieder zurückgedreht, und ich habe mich von meinem innerschweizerischen kulturschock erholt. und ich stelle einmal mehr fest: die menschen sind überall dieselben: in einem spannungsvollen leben zwischen existenzangst und lebensfreude, einsamkeit und liebe, ausgrenzung und freundschaft. und es gibt sie auch in luzern: die sasi im farbigen sari, welche nach 10 jahren in der schweiz immer noch nicht deutsch kann, dafür nach curry riecht. den queeren nachbarn, der zu mir immer sehr freundlich ist, zu den falschparkierern unter seinem fenster aber massiv weniger. und den levi mit seinen locken und den viel zu grossen schwarzen hosen, der scheu und überrascht auf unser ‘shabbat shalom’ zurücklächelt. sie alle machen unser leben so bunt. zusammen mit dem toni, der iris und dem urban.
mein beruf konfrontiert mich oft mit der hässlichkeit dieser welt und der “dark side of the force”. genauso ist mein leben reich und farbenfroh. als pastor bin ich aus überzeugung und erfahrung professioneller hoffnungsvermittler, und menschlichkeit ist mein “metier”. also künstler tu eich eigentlich genau da gleiche.
2019 haben meine frau und ich eine neue spannende herausforderung erhalten: wir wurden beauftragt, in dieser urban-katholischen kulturstadt in der zentralschweizer provinz die heilsarmee zu neuem leben zu erwecken. so haben wir im september 2021 in einer ehemaligen coca-cola-fabrik die ‘Factory’ eröffnet (hier geht’s zur website): ein kulturelles begegnungslokal mit spirituellem mehrwert. nun bin ich am samstagabend club-manager und am sonntag morgen pastor. wir veranstalten jazz-koonzerte, haben eine eigene kunstgalerie und servieren den besten kaffee im quartier. völlig unverhofft wurde aus meinen kreativen hobbies ein wesentlicher bestandteil meines berufes. der gemeinsame nenner: es geht um LEBEN!
in diesem kontrastreichen leben schenken mir musik und photographie wunderbare oasen, um emotional aufzuatmen, meine eindrücke zu verarbeiten, schönheit sichtbar zu machen, zu träumen … und andere zu erfreuen.
mai 2022